
Ein kurzer Leitfaden für nachhaltige Stoffe
Du liebst es zu nähen und möchtest dabei nicht nur kreative Kleidung gestalten, sondern auch der Umwelt etwas Gutes tun? Wenn du der Fast Fashion den Rücken kehren willst, ist die Wahl von nachhaltigen Stoffen ein wichtiger Schritt auf deinem Weg zu mehr Bewusstsein und Verantwortung im Kleiderschrank.
In einer Welt, in der Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit immer wichtiger werden, erkennen viele von uns, wie stark unser Konsum die Welt beeinflusst. Öko-Stoffe bieten eine echte Alternative: Sie ermöglichen es dir, deinen eigenen Stil zu leben und dabei Ressourcen zu schonen, faire Arbeitsbedingungen zu unterstützen und den ökologischen Fußabdruck deiner Kleidung zu verringern.
Viele herkömmliche Stoffe belasten nicht nur die Umwelt, sondern entstehen oft auch unter fragwürdigen sozialen Bedingungen. Die Entscheidung für umweltfreuneliche Stoffe – etwa aus Bio-Fasern, recycelten Materialien oder fairer Produktion – ist ein aktiver Beitrag zu einer besseren Textilindustrie. Und das Beste daran: Du nähst Kleidung, die nicht nur einzigartig ist, sondern auch mit gutem Gewissen getragen werden kann.
Natürlich ist es bei der Vielzahl an Labels, Siegeln und Marketingversprechen nicht immer leicht, den Überblick zu behalten. Greenwashing ist ein echtes Thema. Deshalb zeigen wir dir in diesem Leitfaden, woran du nachhaltige Stoffe wirklich erkennst, welche Materialien besonders empfehlenswert sind und wie du bewusste Kaufentscheidungen treffen kannst.
Welche Kriterien solltest du bei der Auswahl nachhaltiger Stoffe beachten?
Die Auswahl umweltfreundlicher Stoffe ist ein wichtiger Schritt auf deinem Weg zu einem nachhaltigen Kleiderschrank. Dabei spielen verschiedene Kriterien eine entscheidende Rolle, um sicherzustellen, dass die Stoffe rundum nachhaltig sind. Daher solltest du nicht nur Umweltverträglichkeit, sondern auch soziale Verantwortung und Langlebigkeit berücksichtigen. Lass uns diese Kriterien näher betrachten und verstehen, wie sie uns dabei helfen können, bewusste Entscheidungen bei der Auswahl von Stoffen zu treffen, die auch den Bedürfnissen unseres Planeten gerecht werden.
1. Umweltverträglichkeit:
Bei der Auswahl nachhaltiger Stoffe ist die Umweltverträglichkeit ein wesentlicher Faktor. Das bedeutet, dass die Herstellung der Stoffe minimalen Schaden für die Umwelt verursachen sollte. Dazu gehört der Einsatz von umweltfreundlichen Materialien und Produktionsverfahren, die Ressourcen schonen und den ökologischen Fußabdruck minimieren. Achte darauf, dass die Herstellung möglichst ressourcenschonend erfolgt – also mit geringem Wasser- und Energieverbrauch, ohne schädliche Chemikalien und idealerweise aus nachwachsenden Rohstoffen. Zudem sollten nachhaltige Stoffe biologisch abbaubar sein oder sich leicht recyceln lassen, um die Umweltbelastung zu reduzieren. Stoffe wie Bio-Baumwolle, Hanf oder Tencel schneiden hier besonders gut ab.
Auch Transportwege und CO₂-Emissionen spielen eine Rolle. Wenn möglich, greife auf regionale oder europäische Produktion zurück – so reduzierst du den ökologischen Fußabdruck zusätzlich.
2. Soziale Aspekte:
Nachhaltige Stoffe sollten nicht nur die Natur schonen, sondern auch fair für die Menschen sein, die sie herstellen. Leider herrschen in vielen Ländern der Textilproduktion immer noch schlechte Arbeitsbedingungen.Damit die Herstellung wirklich fair verläuft, braucht es existenzsichernde Löhne, sichere Arbeitsplätze, das Recht auf gewerkschaftliche Organisation und ein konsequentes Verbot von Kinderarbeit. Nur wenn all diese sozialen Standards eingehalten werden, kann ein Stoff als nachhaltig im umfassenden Sinne gelten.
Achte deshalb auf anerkannte Siegel wie Fair Trade, GOTS (Global Organic Textile Standard) oder SA8000, die faire Löhne, sichere Arbeitsplätze und menschenwürdige Standards garantieren.
3. Langlebigkeit und Pflege:
Ein oft unterschätzter, aber sehr wichtiger Punkt: Wie lange hält ein Stoff? Nachhaltige Stoffe zeichnen sich durch ihre hohe Qualität und Robustheit aus. Je länger ein Kleidungsstück getragen werden kann, desto weniger Ressourcen müssen für Ersatzprodukte aufgewendet werden.
Wähle Stoffe, die strapazierfähig und gleichzeitig pflegeleicht sind – also auch bei niedrigen Temperaturen waschbar, farbecht und formstabil. Auch das reduziert langfristig deinen ökologischen Fußabdruck, ganz ohne Komfortverlust.
4. Biologische Abbaubarkeit:
Ein oft übersehener, aber entscheidender Aspekt nachhaltiger Stoffe ist ihre biologische Abbaubarkeit. Stoffe, die sich nach der Nutzung auf natürliche Weise zersetzen, ohne schädliche Rückstände zu hinterlassen, tragen erheblich zur Reduzierung von Textilabfällen bei. Naturfasern wie Leinen, Hanf oder unbehandelte Baumwolle sind in der Regel biologisch abbaubar – im Gegensatz zu synthetischen Materialien, die Jahrzehnte oder länger benötigen, um sich zu zersetzen.
Durch die Berücksichtigung dieser Kriterien kannst du sicherstellen, dass die von dir gewählten Stoffe vollumfänglich nachhaltig hergestellt wurden und eine lange Lebensdauer haben. So kannst du einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Textilindustrie leisten und gleichzeitig hochwertige und langlebige Produkte herstellen.

Welche nachhaltigen Materialien gibt es?
Naturfasern:
Pflanzenfasern:
Pflanzenfasern sind eine vielseitige und nachhaltige Option für die Herstellung von Textilien. Sie werden aus verschiedenen Pflanzen gewonnen und bieten eine Reihe von ökologischen Vorteilen. Sie sind biologisch abbaubar, nachwachsend und können unter den richtigen Bedingungen besonders umweltfreundlich angebaut werden. Hier sind die nachhaltigsten Pflanzenfasern und ihre Eigenschaften:
Bio-Baumwolle wird unter Verwendung von nachhaltigen Anbaumethoden angebaut, ohne den Einsatz von synthetischen Pestiziden oder Düngemitteln. Dies reduziert die Umweltbelastung und fördert die Bodengesundheit. Das Verwenden von zertifizierter Bio-Baumwolle ist ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und eine echte Alternative zu herkömmlicher Baumwolle.
Hanf ist eine äußerst nachhaltige Pflanzenfaser, die wenig Wasser, Pestizide oder Düngemittel benötigt. Sie ist robust und langlebig, und ihre Produktion hinterlässt einen geringen ökologischen Fußabdruck. Das macht Hanf zu einer der nachhaltigsten Textilfasern überhaupt. Hanffasern sind außerdem besonders reißfest, langlebig und atmungsaktiv – ideal für robuste Kleidung.
Leinen wird aus Flachsfasern hergestellt und ist eine der ältesten Textilfasern der Welt. Der Anbau von Leinen ist besonders ressourcenschonend, denn er benötigt wenig Wasser und kaum chemische Zusätze. Leinenstoffe sind von Natur aus kühlend, atmungsaktiv, antistatisch und vollständig biologisch abbaubar. Besonders nachhaltig ist Leinen aus europäischer Produktion.
Tierische Fasern:
Tierische Fasern sind eine natürliche und langlebige Wahl für Stoffe. Sie werden von tierischen Quellen wie Schafen, Seidenraupen und anderen Tieren gewonnen und sind daher nicht vegan. Tierische Naturfasern sind langlebig, biologisch abbaubar und besitzen ausgezeichnete thermoregulierende Eigenschaften. Für eine nachhaltige Auswahl ist jedoch auf artgerechte Tierhaltung und transparente Herkunft zu achten. Hier sind die beliebtesten tierischen Fasern und ihre Merkmale:
Wolle ist eine natürliche Faser, die von Schafen gewonnen wird. Sie ist bekannt für ihre isolierenden und feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften, die sie für Kleidung in verschiedenen Klimazonen geeignet machen. Wolle ist langlebig, biologisch abbaubar und von Natur aus schmutzabweisend. Bei Wollstoffen solltest du auch auf das Bio-Siegel achten, da nur dieses eine nachhaltige Tierhaltung garantiert.
Seide wird aus den Kokons von Seidenraupen gewonnen und ist eine luxuriöse und haltbare Naturfaser. Sie ist biologisch abbaubar und hat ausgezeichnete feuchtigkeitsregulierende Eigenschaften, was sie besonders angenehm auf der Haut macht. Achte bei Seide auf gewaltfreie Seide, auch Peace-Silk genannt, denn bei der herkömmlichen Gewinnung von Seide werden die Seidenraupen abgetötet.
Regenerierte Fasern:
Regenerierte Fasern sind eine innovative und nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Textilfasern. Sie werden aus natürlichen Rohstoffen wie Holz oder Pflanzenzellulose hergestellt und bieten eine Reihe von umweltfreundlichen Vorteilen. Hier sind einige der gängigsten regenerierten Fasern und ihre Besonderheiten:
Tencel™ (Lyocell) wird aus nachhaltig bewirtschafteten Holzfasern hergestellt und gilt als eine der umweltfreundlichsten Fasern. Die Produktion erfolgt in einem geschlossenen Kreislaufsystem, bei dem das Lösungsmittel nahezu vollständig wiederverwendet wird. Das Ergebnis ist ein weicher, robuster Stoff mit hoher Atmungsaktivität – perfekt für nachhaltige Kleidung.
Tencel™ Modal wird aus Buchenholz gewonnen und zeichnet sich durch ihre Weichheit und gute Feuchtigkeitsaufnahme aus. Die Produktion von Tencel™ Modal erfordert weniger Wasser und Energie im Vergleich zu Baumwolle oder herkömmlichen Modalfasern.
EcoVero™ Viskose ist eine umweltfreundlichere Alternative zur klassischen Viskose. Sie wird aus zertifiziert nachhaltigem Holz hergestellt, mit deutlich geringeren Emissionen und Wasserverbrauch. Ihre Fasern sind weich, atmungsaktiv und angenehm auf der Haut. Stoffe aus EcoVero™ Viskose bestechen durch einen weichen, fließenden Fall und einen feinen, natürlichen Glanz.

Recyclingstoffe:
Recycling ist eine wichtige Komponente einer nachhaltigen Textilproduktion. Durch die Wiederverwendung von Materialien aus bereits vorhandenen Produkten kann der Verbrauch von Rohstoffen reduziert und die Menge an Abfall und Umweltbelastung verringert werden. Hier sind einige der gebräuchlichsten Recyclingstoffe und ihre Merkmale:
Recycelte Baumwolle wird meist aus Baumwolle aus überschüssiger Produktion gewonnen und zu neuen Garnen verarbeitet. Dies reduziert den Bedarf an neuen Rohstoffen und verringert die Abfallmenge. Einziger Nachteil: Recycelte Baumwolle ist oft etwas weniger strapazierfähig und wird daher häufig mit neuen Fasern gemischt.
Recyceltes Polyester wird aus recycelten PET-Flaschen oder anderen Kunststoffabfällen hergestellt. Zwar ist Polyester ein Kunststoff, doch durch das Recycling wird die Umweltbelastung im Vergleich zur Neuproduktion deutlich reduziert. rPET ist langlebig, pflegeleicht und besonders für Garne, Sport- und Outdoorbekleidung beliebt.
Recyceltes Nylon wird aus gebrauchtem Nylonmaterial oder industriellen Abfällen hergestellt. Es ist robust, strapazierfähig und bietet eine nachhaltigere Alternative zu neuem Nylon.
Tipps für den nachhaltigen Einkauf von Stoffen:
Nachhaltiges Nähen bedeutet mehr als nur die Verwendung umweltfreundlicher Materialien – es beginnt bereits beim bewussten Einkauf. Wenn du Stoffe verantwortungsvoll auswählst, kannst du nicht nur deine Kreativität ausleben, sondern auch aktiv zum Umweltschutz und fairen Arbeitsbedingungen beitragen. Hier sind einige praktische Tipps, wie du beim Stoffkauf nachhaltigere Entscheidungen triffst:
- Zertifizierungen beachten: Achte auf Zertifizierungen wie GOTS (Global Organic Textile Standard), Fair Trade oder OEKO-TEX Standard 100, die die Umweltverträglichkeit und die sozialen Standards bei der Herstellung von Stoffen garantieren. Diese Zertifizierungen bieten eine gute Orientierungshilfe für umweltbewusste und ethische Käufe.
- Lokale Hersteller unterstützen: Versuche, Stoffe von lokalen Herstellern oder Händlern zu beziehen, um den ökologischen Fußabdruck deiner Einkäufe zu reduzieren. Durch den Kauf bei lokalen Anbietern unterstützt du auch die regionale Wirtschaft und förderst eine nachhaltigere Produktionskette.
- Deadstock-Stoffe nutzen: Deadstock-Stoffe sind überschüssige oder nicht verkaufte Stoffe aus der Modeindustrie, die sonst entsorgt oder verbrannt würden. Durch den Kauf solcher Restposten gibst du diesen Materialien eine zweite Chance und trägst dazu bei, textile Abfälle zu reduzieren. Viele nachhaltige Stoffhändler und Upcycling-Plattformen bieten eine Auswahl an Deadstock-Stoffen an, die eine ressourcenschonende Alternative darstellen.
- Second-Hand oder Vintage in Betracht ziehen: Erwäge den Kauf von Second-Hand-Stoffen oder Vintage-Textilien, um Ressourcen zu schonen und Abfall zu reduzieren. Oft findest du in Second-Hand-Läden oder Online-Plattformen hochwertige Stoffe zu einem günstigen Preis, die eine nachhaltige Alternative zu neu produzierten Materialien darstellen.
- Die folgenden Stoffe sollte man vermeiden: Beim Kauf von Stoffen solltest du Materialien meiden, die eine hohe Umweltbelastung verursachen oder unter fragwürdigen Bedingungen hergestellt wurden. Dazu gehören konventionelle Baumwolle und Chemiefasern wie Polyester oder Polyacryl, deren Produktion oft mit schädlichen Chemikalien und einem hohen Wasser- und Energieverbrauch verbunden sind. Bambusviskose ist ein weiteres Material, das zwar als nachhaltig gilt, aber oft mit umweltschädlichen Produktionsprozessen verbunden ist.
Indem du diese Tipps berücksichtigst und bewusste Entscheidungen beim Stoffkauf triffst, kannst du dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der Textilproduktion zu minimieren und einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Mode zu leisten.
Heute ist es wichtiger denn je, bewusste Entscheidungen zu treffen, die nicht nur deinen eigenen Stil widerspiegeln, sondern auch die Welt um uns herum positiv beeinflussen. Lasst uns gemeinsam die Welt des Selbernähens nachhaltiger machen und damit einen positiven Einfluss auf die Umwelt und die Gesellschaft haben!